Rechtsanwalt Klaus Fischer Frankfurt a. Main
Eigenbedarf/Eigenbedarfskündigung
Der Eigenbedarf gilt als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung eines unter Kündigungsschutz stehenden Mietverhältnisses. Eigenbedarf ist dann gegeben, wenn der Vermieter die Räumung als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder für Angehörige seines Haushalts benötigt.
(§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB )
Bei einer Mehrheit von Vermietern genügt es, wenn der Eigenbedarf für einen von ihnen besteht. (LG Berlin AZ: 64 S 121/00)
Dass die vermieteten Räume nur zu Wohnzwecken benötigt würden und nicht anderweitig, z. B. für gewerbliche Zwecke, war bisher wohl gängige Rechtsmeinung, wobei ein Arbeitszimmer noch akzeptiert wurde. Mittlerweile scheint sich allerdings im zuständigen Senat des Bundesgerichtshofs – unter Vorbehalt – eine Richtungsänderung abzuzeichnen, wonach vom Schutzbereich der verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters auch dessen Absicht einer wirtschaftlichen Verwendung erfasst sein könnte. Maßgebend sind allerdings generell die Einzelfallumstände.
Der mietrechtlich begünstigte Personenkreis ist nach der Rechtsprechung die Kinder, die Enkel, der Ehegatte, die Eltern und Großeltern, ebenso die Schwiegerkinder, die Schwiegereltern, die Stiefkinder, Pflegekinder und Pflegeeltern.
Entferntere, Verschwägerte und Verwandte (z.B. Schwager, Neffen, Nichten) fallen nur dann unter den Begriff der Familienangehörigen, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine enge Bindung des Vermieters zu diesen Personen ergeben oder ihnen der Vermieter rechtlich oder zumindest moralisch zur Gewährung von Unterhalt oder Fürsorge verpflichtet ist. Daraus muss sich dann die Verantwortlichkeit des Vermieters für den Wohnbedarf des Angehörigen ergeben.
Das berechtigte Interesse des Vermieters ist dann als gegeben anzusehen, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnräume für sich oder eine begünstigte Person hat.
Die berechtigten Interessen des Vermieters sind bei der Entscheidung darüber, ob Eigenbedarf anzunehmen ist, nicht gegen die Belange des Mieters abzuwägen. Das Gesetz stellt ausdrücklich allein auf das Interesse des Vermieters ab. Die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall sind nur auf dessen ausdrücklichen Widerspruch hin zu beachten. Eine konkrete Grenze des Wunsches zur Erlangung der Mietwohnung stellt der Missbrauch dar.
Dieser liegt nicht schon dann vor, wenn dem Eigentümer eine oder mehrere andere freigewordene Wohnungen zur Verfügung stehen. Auch dann muss das Gericht bedenken, dass der Nutzungswunsch des Eigentümers grundsätzlich zu beachten ist.
Trotz anderweitig freigewordener oder freiwerdender Mietwohnungen ist es daher nicht missbräuchlich, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für diesen Wunsch anführen kann. Dieser Darlegungslast kann sich der Vermieter jedoch nicht allein dadurch entledigen, dass er die freigewordene oder freiwerdende Alternativwohnung sofort an einen Dritten vermietet und sodann die Unmöglichkeit ihrer Ingebrauchnahme geltend macht.
Ein sogenannter angekaufter Eigenbedarf verstößt nicht automatisch gegen Treu und Glauben, wenn die Geltendmachung von Eigenbedarf durch den Kauf einer vermieteten Wohnung erst geschaffen worden ist. Anders ist es, wenn treuwidrige Umstände hinzukommen.
Der sogenannte künftige Eigenbedarf, der durch eine Vorratskündigung geltend gemacht wird, ist unzulässig.
Wenn ein Wegfall des Eigenbedarfs gegeben ist, d.h. wenn die eine Kündigung wegen Eigenbedarf rechtfertigenden Gründe entfallen, bevor die Kündigungsfrist abgelaufen ist und der Mieter die Wohnung geräumt hat, ist der Vermieter verpflichtet, den Mieter davon zu unterrichten und auf dessen Verlangen das Mietverhältnis fortzusetzen.
Fällt der Eigenbedarf vor der Räumung weg, muss der Vermieter den Mieter auf die veränderte Lage hinweisen. Andernfalls kann ein strafrechtlicher Vorwurf des Betruges nach § 263 StGB im Raume stehen.
Selbstverständlich hat die fristgerechte Kündigung im Zusammenhang mit dem berechtigten Interesse des Eigenbedarfs keine Konsequenzen im Hinblick auf eine fristlose Kündigung, die ganz anderen Grundsätzen folgt und jederzeit möglich ist.
Das gewerbliche Mietrecht sieht keine Eigenbedarfskündigung vor.
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